Das ewige Elend mit den Straßentieren

Izmirs Straßenkatzen sind fett. Je nach Stadtteil, müssten sie sogar auf Diet gesetzt werden. “Tombis”, sagen wir hier dazu. Viele Menschen kümmern sich um die Tiere, geben Futter und bauen kleine Auffangstationen aus Kartons und Boxen. Im Izmirer Stadtteil Mavisehir gibt es einen 2 * 3 Meter eingezäunten Parcours mit Kratzbäumen, Katzentoiletten, Schlafplätzen und Futterstellen für die Katzen der Gegend. Den Hunden geht es etwas schlechter. Das hat wohl auch viel mit der heiligen Schrift zu tun, in der Hunde einfach nicht so gut wegkommen wie Katzen. Sie gelten als unrein und sollten nicht im Haus gehalten werden. Ausserdem, die Katzen hier zu füttern ist leicht, aber Hunde benötigen einfach viel mehr an Futter und sind einfach schwerer satt zu kriegen. Dennoch gibt es auch hier herrliche Beispiele von Tierliebe. Als es Anfang Januar so sehr kalt war, haben Menschen im Stadtteil Bostanli Wolldecken auf die Strasse gelegt, damit Hunde darauf ein warmes Plätzchen finden.

Doch oftmals wird auch einfach nichts getan. So zum Beispiel letzten Sommer, wo in unserer Straße drei neugeborene Katzenbabys lebten. Die Mutter hat sie in unserem Garten auf die Welt gebracht, unser Hausmeister ihnen ein sicheres Versteck gebaut. Die Nachbarn haben über den Zaun geschaut, ihre Babys darüber gehalten und “oh, ah, wie süss” gesagt. Als die Katzenbabys dann größer wurden und eins davon eine Infektion bekam, passierte nix. Es konnte nicht mehr richtig durch die Nase atmen und konnte dementsprechend auch nicht mehr richtig das Futter riechen. Eine Nachbarin sagte “Allah bilir. Gott wird es schon wissen.” Das Katzenbaby war täglich in unserem Garten und auf der Strasse zu sehen, siechend, weniger werdend, verhungernd. Eines Tages packte ich meine Box und brachte es zu meinem Veterinär. 5 Tage haben wir um das Leben des Kleinen gekämpft, mit Infusionen, Spritzen, Zwangsernährung. Zu spät. Die Organe waren am versagen. Am letzten Tag hab ich den Kleinen in meinem Rucksack auf meiner Brust zum Vet getragen. Als ich den Rucksack öffnete, hob es nur schwach den Kopf und sah mich an als wollte es sagen: “Schön, dass du dich kümmerst. Aber ich möchte sterben.” An diesem Tag habe ich zum ersten mal die Entscheidung treffen müssen, ein Lebewesen einschläfern zu lassen.

“Can” heißt “Leben” auf Türkisch. Ständig und überall wird man “canim” gerufen, “mein Leben”. “Canlar” sind Lebewesen. Vor ein paar Wochen fand uns ein neues Lebewesen. Auf unserem Campus tauchte auf einmal eine kleine Herbstkatze auf. Lädiert, nur noch ein Auge, den Kopf schief und eine Entzündung im Ohr. Es war von einem Taxi angefahren worden. Es war einfach eines Tages da, blieb und eroberte unsere Herzen im Sturm. Wir bauten ein Katzenhaus, brachten es zum Veterinär um die Ohrenentzündung zu behandeln, gaben ihm Antibiotika und Tropfen und liebten es. Es blieb immer auf dem Grundstück in der Nähe des kleinen Katzenhäuschens und Nachts war es im Häuschen der Security. Letzte Woche wurde es von drei wilden Hunden auf dem Nachbargrundstück eingezingelt und so wild geschüttelt, das ihm das Rückrat brach. Die Security hat es gefunden. Als sie es uns am Montag morgen erzählten, hatten sie Tränen in den Augen.

Da wo Menschen in solchen Situationen helfen, ist es wie der bekannte Tropfen auf den heissen Stein. Es hilft an einem Ende, während am anderen Ende das Feuer anfängt zu brennen. Je länger ich in diesem Land lebe, umso weniger bin ich überzeugt davon, dass Futter geben auch nur irgendeine Lösung des Problems ist. Wenn wir Futter geben, dann sind wir ein Teil der Ursache des Problems. Wir verlängern das Leben der Straßentiere und damit letztendlich auch ihr Elend. Denn was fehlt, ist eine flächendeckende ärztliche Überwachung. DieseTiere leben in Rudeln und sind krank, voller Viren und Bakterien. Geben wir Futter, verringern wir den Prozess der natürlichen Auslese. Stattdessen unterstützen wir das sich Krankheiten verbreiten. Ein anderer Grund ist natürlich auch, dass einige Tierhalter hier sagen: “Bevor ich meine Katze/ Hund sterilisieren lasse, soll es wenigstens einmal Mutter werden.” Mit Verlaub, aber was für eine geballte Scheisse. Die Tiere kriegen doch nicht nur 1 Baby. Die kriegen gleich 4 oder mehr. Und wo gehen die hin? Und was macht dann der Besitzer? Lässt der sein Haustier auch erstmal einmal Mutter werden?

Es gibt meiner Meinung nach nur wenige Lösungen und die klingen hart! Haustierbesitzer müssen ihre Tiere sterilisieren lassen und das muss strengstens kontrolliert werden. Es müssen massive Bildungskampagnen durchgeführt werden. Und so hart es klingt, die auf der Straße lebenden Tiere müssen eingeschläfert werden, denn nur so ist dem Drama noch in irgendeiner Art und Weise beizukommen. Niemandem nützt es, wenn diese vor sich hin vegetieren und zu guter letzt schmerzhaft, weil sehr krank sterben und Krankheiten weiter übertragen.

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Türkische Frauen

Türkische Frauen haben es sehr schwer. Vor allem die jungen Frauen in den Großstädten. Die müssen einen massiven Spagat zwischen Modernität und traditionellem Verhalten hinlegen. Und was ist und bleibt das übergeordnete Ziel? Heiraten, gut heiraten. Auf den Frauen herrscht so ein enormer Druck. Sie müssen alles auf einmal sein: hübsch, intelligent, prüde, vorbildlich, zurückhaltend und ehrbar. Es wird erwartet, dass sie möglichst heiraten, Kinder kriegen und dann ist schon alles in Ordnung. Eine Frau, die mit Ende 20 noch nicht verheiratet ist, wird schief angeguckt. Stimmt was mit ihr nicht? Das Freizeitverhalten einer Single-Frau wird ständig hinterfragt, das Freizeitverhalten einer verheiratete Frau dagegen wird gar nicht erst hinterfragt. Sie ist ja verheiratet. Eine junge Frau mit kurzen Haaren ist eine Seltenheit, eine junge Frau mit Piercing oder Punk-Outfit ist fast nicht vorhanden. Frauen in der Türkei sind für mich irgendwie wie genormt. Hier ein paar Punkte, woran ich das festmache.

Punkt 1: Aussehen
Die meisten jungen Frauen in der Türkei gleichen sich im Aussehen. Das hat nichts mit den braunen Haaren oder braunen Augen zu tun, sondern vielmehr mit dem gleichen Standardbild von Schönheit. Eine Frau ist schön, wenn sie lange Haare hat und möglichst keine Brille. Ab einem gewissen Alter gehört Tonnenweise Make-up im Gesicht dazu. Ich würde mal behaupten ab 21- bis Datum Hochzeit. Das eine 24-jährige damit oftmals 10 Jahre älter aussieht, spielt keine Rolle. Leider, so meine bescheidene Sichtweise, rutscht das Make-up oftmals ins billige ab, sodass die jungen Frauen sich leicht an der Grenze der Schlampe bewegen. Das trifft manchmal auch für Mädels mit Kopftuch zu. Viele Mädels sind stundenlang damit beschäftigt ihr Make-up aufzufrischen. Sie haben eine solche Angst um ihre perfekten Fingernägel, dass sie sehr, sehr langsam auf der Tastatur tippen.
Wenn eine Frau kein oder wenig Make-up trägt und eher natürlich ist, hat sie Schwierigkeiten in einer sozialen Gruppe zunächst akzeptiert zu werden. Gerne werden dann Fragen gestellt wie “Du trägst überhaupt gar kein Make-up, stimmt’s?”. Ich habe inzwischen aufgehört zu erklären, dass ich immer Make-up trage, nur halt nicht meterweise dick im Gesicht.

Punkt 2: Klamotten
Die jungen Frauen in den Großstädten der Türkei sind schlank, petit und legen extremen Wert darauf wirklich weiblich-hübsch auszusehen. Darauf geben sie viel Zeit. Zumindest bis sie verheiratet sind. Was danach passiert ist eine andere Sache.
Klamottentechnisch geht es weniger darum, was ist praktisch, sondern darum, was ist chick und weiblich. Es sind meistens immer Schuhe mit Absätzen, Kleidchen, Mäntelchen, Handtäschchen, Blüschen. Ich verwende die ‘chen’-Form weil mir das als elefantösen Deutschen natürlich besonders auffällt. Manchmal denke ich, ja, wenn ich so petit wäre wie ihr, würde ich auch so Blümchen, Kleidchen, Mäntelchen tragen. Das ist ja dann nicht schwer. Aber an mir sieht das immer ein bisschen lächerlich aus. Ich bin halt kein ‘chen’-Typ. Also, kurze Zusammenfassung: Die meisten türkischen Mädels und junge Frauen sind so gestresst damit, weiblich und petit auszusehen, damit sie einen guten Ehemann finden, dass sie nach der Hochzeit davon eine lange Erholungsphase brauchen.

Punkt 3: Verhalten
Ich kann hier 4 Typen von Frauen kategorisieren. Hier möchte ich aber gleich anmerken, dass es zu jedem Typ noch Unterkategorien und Mischformen geben kann.
Der erste Typ ist der kopftuchtragende religiöse Frauentyp. Sie sind ein bisschen jenseits von dieser Welt, verträumt und extrem romantisch. Männer sind Ritter auf weißen Pferden und sie wollen diesem Ritter hübsche kleine Ritterkinder gebären. Möglichst Söhne. Auch wenn diese Frauen voll im Berufsleben stehen, das ist was sie denken.

Der zweite Typ ist die ehemalige religiöse, deren Eltern aber immer noch religiös sind. Dieser Frauentyp hat es meiner Meinung nach am schwersten im Leben. Sie wissen nicht genau, ob sie eigentlich nach religiösen Vorstellungen leben dürfen und sollen oder nach moderneren, lockeren Vorstellungen. Sie haben extreme Schwierigkeiten damit, sich unbeschwert in einer Gruppe zu bewegen, da sie doch so erzogen wurden, möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie haben das Kopftuch schon lange abgelegt, kleiden sich weiblich-chick-petit und tragen natürlich Make-up, aber sie können Männern, auch denen die sie schon lange kennen, einfach nicht in die Augen blicken. Sie achten höllisch darauf, dass man sie nicht mit irgendwelchen Männern sieht, auch wenn es sich nur um Arbeitskollegen handelt und was andere von ihnen denken ist ihnen so wichtig, dass sie dafür sogar Freundschaften abbrechen würden.

Der dritte Typ ist die moderne (oder pseudo-moderne) junge Frau, die nicht aus einem sehr religiösen, sondern eher aus einem links-nationalen Atatürk-Haushalt kommt. Diese junge Frau ist äußerlich überhaupt nicht von einer jungen Frau in Amsterdam oder Berlin zu unterscheiden. Sie geht aus mit ihren Freundinnen, geht ins Fitnessstudio, zum Konzert, auf Kurztrips usw. Sie ist ständig auf What’s App, teilt Fotos von sich und ihren Leidenschaften auf Facebook, liest die neusten Fashion Magazine und ist modisch ebenfalls up-to-date. Aber interessanter Weise hat auch sie einen äußerst limitierten und verkrampften Kontakt zu Männern. Je mehr diese Frauen an das kritische Alter herankommen, wo sie laut Society heiraten sollten oder verheiratet sein sollten, um so geringer wird deren tatsächlicher, lockerer Kontakt mit Männern. Die jungen Frauen hängen in riesigen Pulks mit anderen Mädchen ab, aber einen gesunden, durchmischten Freundschaftskreis gibt es eher selten. Warum? Mein Gott, was sollen denn die Nachbarn denken?

Der vierte Typ ist der Typ, der uns europäischen Frauen doch am nächsten ist. Diese Gruppe hat einen durchmischten Freundeskreis mit Single Männern, Single Frauen oder auch Pärchen. Sie treffen sich zu gemeinsamen Abenden oder auch mal so, mit dem guten Kumpel auf einen Kaffee. Über die gibt es eigentlich nicht so viel zu sagen. Außer dass es sie nicht so viel gibt.

Dann gibt es noch einen fünften Typ, das ist der Typ der verzweifelten, modernen jungen Frau, die krampfhaft mit den Kerlen abhängt, weil sie einen abkriegen will. Hinter vorgehaltener Hand wird über sie massiv gelästert. Aber das machen wir in allen Ländern.

An dieser Stelle würde normalerweise ein Vorschlag kommen, was diese Frauen tun sollten, um endlich ein modernes, freies Leben leben zu können. Ich erspar mir das mal. Hab dazu auch gar kein Recht. Die gehen schon ihren Weg. Und ganz ehrlich … aber das verrate ich nur hier… manchmal kann es nicht schaden, wenn wir elefantösen Deutschen uns ein bisschen von dieser weiblichen Art abgucken.

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I have a home, but where is my heart? Part II

 

Unser gestriger Ausflug nach Chios/ Sakız Adası in Griechenland stand zunaechst unter keinem guten Stern. Ursprünglich als Gruppenausflug unter 4 Frauen geplant, sagten nach und nach zwei der ursprünglich Interessierten aus verschiedenen Gründen ab. Meine verbleibende Freundin fing an zu wanken, ob wir überhaupt noch gehen sollten, aber ich bestand darauf. Wenn zwei nicht können, können die anderen doch immer noch gehen. Wo ist das Problem? Das Problem lag im Kollektiven und im Individualistischen. Waehrend ich nicht einsah, warum ich mein Vergnügen aufgeben müsse, machte mir meine Freundin den Vorwurf, dass wir (in diesem Fall ich) unkameradschaftlich seien und ohne die anderen gehen würden. Mit entsprechender Stimmung im Auto machten wir uns am Samstag früh um 7:30 auf in Richtung Çeşme Faehrhafen.

Ein geplatzter Reifen auf dem Weg nach Çeşme

Das Universum reagierte auf unsere schlechten Schwingungen! Ungefaehr 25 Kilometer vor dem Ziel, wir traeumten schon von einer heissen Tasse Kaffee und einem Simit, platzte uns mitten auf dem Highway der Reifen. Und das war wie eine Art Erleichterung. Anstatt uns zu Streiten mussten wir jetzt gemeinsam eine Lösung finden und es lag nun irgendwie in der Macht eines Anderen, ob wir nach Chios gehen oder nicht. Und ich glaube, wir beide konnten dies leichter akzeptieren, als selbst entscheiden zu müssen, was für unser aller Freundschaft richtig war.

Nach dem Motto ‘Selbst ist die Frau’ fingen ich und meine Freundin an den Ersatzreifen auszupacken und den Wagen anzuheben. Nach minutenlangem Kurbeln scheiterten wir dann aber letztendlich daran, die Radschrauben zu lockern. (Haetten wir sowieso vorher machen sollen, ich weiss!) Wir entschlossen uns jemanden anzuhalten und um Hilfe zu bitten. Das Anhalten übernahm ich, das Sprechen übernahm meine Freundin. Bereits der zweite Wagen, der an uns vorbei fuhr, hielt auch an und wechselte uns den Reifen.

Türkischer Kampfgeist oder Pünktlichkeit ist immer 10 Minuten spaeter

In gemütlichem Tempo machten wir uns nun auf unsere restlichen 25 km. Es war inzwischen 8:40. Die Faehre legte um 9:30 ab. Ich hatte den Trip innerlich schon abgeschrieben, in meiner Freundin dagegen erwachte der türkische Kampfgeist. Der besteht darin, etwas erst dann aufzugeben, wenn die Deadline überverhaeltnismaessig überschritten ist. Und tatsaechlich: nach einem Tankstopp und einem Abstecher zum Reifenmonteur erreichten wir die Faehrstelle um genau 9:30. Doch unsere Nerven sollten noch 5 weitere Minuten strapaziert werden. Meine Freundin schickte mich vor, um ein Ticket zu kaufen. Der gute Mensch war auch durchaus bereit noch zwei Tickets zu verkaufen (Geld ist nun mal Geld), doch mir faehlte der Pass meiner Freundin. Also noch mal quaelend langes Warten, bis sie vom Parken kam. Doch dann endlich, 5 Minuten nach dem offiziellen Ablegen der Faehre sprangen wir mehr oder noch auf das abfahrende Boot. (Die Faehre lag noch weitere 5 Minuten im Hafen. Türkei! Warum pünktlich, wenn es auch anders geht?)

Die Überfahrt war toll: Sonnenschein, blaues Meer, ein paar Delfine. Und Chios: Ein Traum! Sauber, grün, still, keine hupenden Autos. Ein bisschen schüchtern und unsicher suchten wir nach einer Art Touristeninformation. Wir liefen in den erst besten, so aehnlich aussehenden Laden. Die Mitarbeiterin war unheimlich nett. In perfektem Englisch holte sie eine İnselkarte heraus und erklaerte uns, was wir alles zu Fuss unternehmen können. Sie versuchte nicht uns etwas zu verkaufen, sondern sie beriet uns. Wir hatten einige sehr lustige Momente und verabschiedeten uns mit einem herzlichen Danke schön.

Freundlichkeit auf Chios

Wir schlaenderten zunaechst die Uferpromenade der Stadt entlang, auf der Suche nach unserem Kaffee, den wir in Çeşme nicht mehr trinken konnten. Vor einem Restaurant blieben wir stehen und blaetterten in der Speisekarte. Eine Angestellte kam heraus und begrüsste uns auf Türkisch. Wir antworteten auf Englisch und als wir sie fragten, ob wir bei ihr denn auch einen guten Kaffee trinken könnten, schickte sie uns zwei Geschaefte weiter. ‘Guter Kaffee? Na klar, den besten gibt‘s im Kaffee Frappee’, war ihre Antwort. Erfreut über den Rat verabschiedeten wir uns und versprachen zum Lunch zu ihr zu kommen.

Im Kaffee genossen wir einen super guten ‘Guten Morgen Kaffee‘ und als die Bestellung zusaetzlich mit einem Glas Wasser und einem kleinen Croissant für jeden kam, war auf der Rechnung trotzdem nur das gelistet, was wir auch bestellt haben.  Nach diesem guten Start gingen wir, wie versprochen, zum Lunch in das Restaurant zurück und wurden ganz freundlich und unaufdringlich bedient. Das Essen war lecker, die Preise normal und der inseltypische Harzlikör hatte ein paar ordentliche Drehungen.  Neben uns sass ein türkisches Ehepaar mittleren Alters. Nach ihrer Erscheinung zu urteilen, gehörten sie zur gehobenen, gebildeteren Mittelklasse mit einer guten Ausbildung und entsprechenden Umgangsformen. Wir unterhielten uns kurz und teilten unsere ersten Beobachtungen und Gefühle. Das Paerchen bemerkte, dass auch sie im Vergleich zur Türkei eine grössere Freiheit hier empfinden. Maenner und Frauen würden viel gelassener miteinander umgehen, ohne dass grosse Eifersuchtsszenen ausbrechen würden. Leider, so bemerkte der Mann, würde die Tendenz in Izmir anstelle zu persönlicher Freiheit immer weiter zu persönlicher Unfreiheit gehen.

Englische Sprachkenntnisse an unerwarteten Plaetzen

Nach dem Essen machten wir uns auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Wie überall in der Wintersaison wurde gebaut und erneuert. Dennoch machte alles einen sehr sauberen Eindruck. Kein Müll an den Strassenraendern, aufgeraeumte Gaerten, grüne Pflanzen in den Höfen, ansehnliche Strassen, kaum Strassentiere. Aber die schönste Überraschung wartete in einem Supermarkt in einer Seitenstrasse auf uns: Die Kassiererin an der Kasse sprach uns in einem sehr feinen Englisch an, nannte uns den Preis auf English, unterhielt sich mit uns freundlich und wünschte uns einen schönen Aufenthalt. Meine Freundin und ich waren danach erst mal eine Weile sprachlos.

Wir genossen den Tag, schoppten Souvenirs und machten uns am Abend müde und mit glühendem Gesicht auf den Heimweg. Auf dem ganzen Ausflug sprachen wir über unsere Gefühle für die Türkei  (meine Freundin ist Deutsch-Türkin und lebt seit 6 Jahren in İzmir) und wie wir mit den ‚Ups and Downs‘ umgehen sollten. Ein schwieriges Thema und ein langer Prozess. An diesem Tag war mein Herz definitiv in Griechenland, auf dieser İnsel, die so grün, so sauber und so still war. Nach der Honeymoonphase jetzt also die Verhandlungsphase? Ein neuer Abschnitt der vor mir liegt.

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I have a home, but where is my heart? Part I

Der Winter hier in Izmir ist nicht schön. Er ist zwar mit seinen 3 Monaten relativ kurz und mit seinen durchschnittlich 13 Grad relativ warm und sonnig, aber ganzheitlich betrachtet, ist er eine Umweltkatastrophe. Wenn es regnet, stehen die Strassen knöchelhoch unter Wasser. Statt dass das Wasser im Strassengulli abfliesst, drückt es von dort ebenfalls nach oben, weil irgendwo im Abwassersystem eine wichtige Stelle verstopft ist. Unter diesen Umstaenden leidet natürlich der sowieso schon stark belastete Verkehr. Die Menschen sitzen dann in überhitzten Bussen, deren Fenster vom Dampf und der Feuchtigkeit dicht beschlagen sind, oder aber sie versuchen den hereintropfenden Wasser in den undichten, alten Klapperkisten auszuweichen, die von der Izmir Belediye weiterhin auf die Strassen geschickt werden.

Wenn die Menschen abends in ihre Wohnungen zurück kehren und zu heizen beginnen, versinkt die Stadt nach wenigen Stunden unter einer dichten, grau-schwarzen Rauchwolke, deren Gestank sich in den Haaren festsetzt und das Atmen schwer macht. Kohleheizungen! Der Smog ist so dick, das man staendig mit den Augen blinkern möchte, um wieder scharf zu sehen, aber es gelingt einem nicht. Das Schwierigste ist allerdings das Atmen. Der Staub geraet in die Augen und laesst sie traenen und selbst wenn man sich ein Tuch vor den Mund haelt, faengt es in den schlimmsten Momenten an zu kratzen und man muss husten. Gott sei Dank bin ich kein Asthmatiker.

Kulturschock im Ausland.

Jeder Mensch, der in ein fremdes Land immigriert, erlebt einen Kulturschock. Das ist nicht nur ein geflügeltes Wort, sondern ein wissenschaftliches Phaenomen. Der Kulturschock hat 4 Phasen:

1. Die Honeymoonphase ist, wie der Name schon sagt, rosarot gepraegt. Man sieht alles durch die Brille des Abenteurers oder des Verliebten. Alles ist neu und aufregend und die Unterschiede zwischen der alten und der neuen Kultur werden romantisiert.  Man findet schnell Kontakt zu Einheimischen, die mindestens eine gemeinsame (Fremd-) Sprache sprechen.

2. Die zweite Phase ist die sogenannte ‘Verhandlungsphase’:  Hier kommen erste Unterschiede zwischen der alten und neuen Kultur zum Vorschein und sie schüren Anspannungen.  Man empfindet Frust und Aerger über landestypische Vorkommnisse, die aber im Gegensatz zur eigenen kulturellen Praegung stehen (z.B. öffentliche Hygiene). Man fühlt sich ‘abgetrennt’ von der Umwelt.

3. Die dritte Phase nennt sich ‘Anpassungsphase’ und in dieser Phase hat sich eine gesunde Routine eingestellt. Der Fokus liegt mehr auf den Alltagsproblemen und die Dinge normalisieren sich etwas. Man entwickelt ‘Problemlösungsstrategien’ und eine gelassenere Haltung zur Fremdkultur.

4. Die vierte Phase ist die ‚Meisterphase‘, in der man kulturell und auch sprachlich voll am Leben partizipieren kann, ohne dabei zwangslaeufig seine Ursprungskultur aufzugeben.

(Quelle: Wikipedia)

Jede Phase hat eine bestimmte ‘Lebensdauer’ und ist von Individuum zu İndividuum unterschiedlich. Nun, ich will die Türkei lieben und verstehen. Dennoch stecke ich mitten in der ‘Verhandlungsphase.’

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Wenn der Busfahrer Aerger hat…

Heute Nachmittag endete das erste Viertel meines zweiten Jahres an der Universitaet. Zu unserer grossen Überraschung durften wir die Schule um 14 Uhr verlassen. Da wir aktuell einen besonders milden Dezember haben, gingen meine Lieblingskollegin und ich noch in einen Kaffee, sassen draussen und genehmigten uns einen leckeren, kalorienhaltigen Kuchen.

Immer noch früh am nachittag machte ich mich dann auf den Heimweg und ergatterte auch einen leeren Bus. Doch plötzlich, mitten auf der Strasse, fing der Bus an zu ruckeln. Er hielt an und fuhr weiter, hielt an und fuhr weiter. Ich sass im hinteren Busteil und plötzlich hörte ich Stimmen. Aufgeregte Maennerstimmen. Sehen konnte ich niemanden, aber ich wusste sofort, dass es hier einen ‘kavga’ gab. Einen Streit. In der naechsten Minute sah ich einen Zigeuner, zusammen mit seiner Familie wild gestikulierend auf den Fahrer einbrüllen. Er lief draussen auf dem Bürgersteig neben dem Bus her. Woher kam der den auf einmal und was war sein Grund auf den Busfahrer einzubrüllen? Der Busfahrer hielt an und öffnete die Fahrertür. Er brüllte zurück, worauf der Mann auf der Strasse in einer wilden Geste den Arm nach oben riss und auf die Fahrertür zuschritt. Einige Passanten stellten sich ihm in den Weg. Eines seiner Kinder zerrte von hinten an seinem Pullover.

Der Busfahrer schloss die Tür und fuhr an. Keine zwei Meter weiter stoppte er erneut, öffnete die Tür und brüllte nun seinerseit auf den Mann ein, der nun auch wieder auf der Höhe des Fahrer angelangt war. Gestikulieren. Nervöse Fahrgaeste. Die ersten, die sich zwischen den Busfahrer und die geöffnete Bustür stellen. ‘Fahrer, lassen Sie doch. Fahren Sie weiter!’, rufen die Fahrgaeste, gleichzeitig neugierig auf die Vorgaenge starrend. Der Bus faehrt wieder einige Meter weiter, um nach einer kurzen Strecke erneut mitten auf der Strasse anzuhalten und den Streit fortzusetzen.

Jetzt werden die Fahrgaeste ungeduldig und fordern den Busfahrer eindringlicher auf ‘Fahrer, fahren Sie weiter!’. Und tatsaechlich, der Streit endet genauso schnell, wie er angefangen hat. Wir setzen unsere Fahrt fort, nachdem wir ungefaehr 10 Minuten mitten auf der Strasse einen Streit ausgetragen haben. Liegt wohl am südlaendischen Blut, diese Vorliebe für Streitereien.

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Küsschen links, Küsschen rechts ….

Es gibt einen Brauch in der Türkei, den ich wirklich sehr gerne mag: Das sind die Begrüssungsküsschen links und rechts. Nun mag man ja mal wieder annehmen, dass eine solch intime Geste doch eher ungewöhnlich ist für ein etwas konservativeres Land. Nun, man braucht da nur nach Spanien und Italien schauen, um zu wissen, dass das wohl eine ur-mediterrane Angelegenheit ist. Und ist sie nicht schön? So viel schöner als unser höfliches Haendeschütteln!

Die Begrüssungsküsschen in der Türkei unterliegen dabei aber ganz feinen, ungeschriebenen Gesetzen. Meinen Vorgesetzen würde ich für gewöhnlich nie küssen, auch wenn wir schon 5 Jahre miteinander arbeiten. Würde er mich allerdings auf eine Feier zu sich nach Hause einladen, waere bei der Verabschiedung diese Geste durchaus in Ordnung. Auch wenn ich mich nach 5 Jahren gemeinsamer Arbeit endgültig aus der Türkei wieder verabschieden würde, waeren die Küsschen links und rechts ebenso in Ordnung als Zeichen von Respekt, Anerkennung und Wohlwollen.

Ich küsse auch nicht meine türkischen Kollegen, es sei denn, wir verabreden uns privat und verleben eine schöne Zeit miteinander. Dafür kann es aber durchaus normal sein, dass man einen völlig Fremden zur Verabschiedung küsst, den man auf einer Veranstaltung kennen gelernt hat und mit dem man sich praechtig unterhalten hat. Neulich ist mir ein ehemaliger Student über den Weg gelaufen und aus Freunde über das Wiedersehen war es die natürlichste Geste der Welt, als wir uns zu Begrüssung links und rechts auf die Wange küssten.

Gute und enge Freunde oder auch Menschen, die man besonders und von Herzen mag, darf man in der Türkei also jederzeit küssen, oder auch einfach nicht, denn die verstehen immer, wie es gemeint ist. Alles fügt sich dabei herrlich in eine sanfte physische Bewegung die, nach einiger Zeit, keinerlei komische Moment mehr innehat. Dagegen finde ich es aeusserst komisch, wenn mein Vater meinem Schwager auch noch nach 10 Jahren Bekanntschaft höflich, aber mit einem Meter Abstand die Hand schüttelt.

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Die Sache mit dem Abenteuer

Schuh-Blumentoepfe. Izmir/ Sirince.

… es ist still um mich geworden. Sehr still, ich weiss. Das liegt allerdings weniger daran, dass in meinem Leben Ruhe eingekehrt waere. Nun, dass nicht, aber es ist Routine eingekaehrt.

Liebe Leserinnen und Leser, egal wo man ist, egal in welchem Land man lebt und egal welches Leben man lebt, irgendwann setzt sie ein, die Routine.

Nach ungefaehr einem Jahr und ein paar Monaten ist das Abenteuergefühl aufgebraucht und man ertappt sich bei den immer gleichen Taetigkeiten und bei den immer gleichen Dingen, die einem auf die Nerven gehen. Jeden morgen verlasse ich zur gleichen Zeit mein Haus, naehme immer den gleichen Bus, fahre von Montag bis Freitag immer die gleiche Strecke und verbringe von morgens bis abends die meiste Zeit im gleichen Gebaeude. Und selbst in diesem Gebaeude sind die Ablaeufe immer gleich. Also worüber im Blog schreiben?

Vielleicht gerade darüber! Denn gerade hier entsteht (oder besteht?) eine neue Herausforderung. Denn wenn das Abenteuergefühl einen beflügelt, begeistert und motiviert hat, so macht einem die Routine das Leben schwer, traege und anstrengend. Das ist schon in der Heimat so, im Ausland noch mal viel schlimmer.

Dann faengt man naemlich an zu vergleichen und dieses schreckliche Gefühl, auch Heimweh genannt, überrollt einen unkontrolliert. Man sehnt sich nach grünen Wiesen und Waeldern, nach sauberen Strassen, nach Autos mit Abgasplaketten und nach Bauverboten am Wochenende. Und man erkennt, dass man, egal wohin man geht, immer sich selbst im Schlepptau hat. Und mit diesem Menschen, der mosert und heult, Purzelbaeume schlaegt und traeumt … ist es in Routinezeiten am schwersten gut klar zu kommen.

Ich arbeite also gerade an mir und an meiner Einstellung zum Thema Routine. Wer Tipps hat, darf sich gerne melden.

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Die Ruhe vor Iftar

Ramazan hat begonnen. Der Fastenmonat, der Heilige, der es schafft das ganze Leben durcheinander zu bringen.

Neulich Nacht, ich träumte gerade tief und fest von einer großen Schlacht auf weiten, satten grünen Feldern, um mich herum hörte ich Kriegsgetümmel, Menschen laut rufen und Kanonenschüsse donnern … ich wunderte mich, wie ich dahin gekommen war … kannte meine Aufregung keine Grenzen mehr, als dass das mich die ganze Zeit begleitende Trommelgewirbel plötzlich und unerwartet verstummte. Ich wachte auf, nur um mit einem Satz aufzuschrecken, da das Trommelgewirbel doch live neben meinem Bett plötzlich wieder ansetzte.

Es dauerte einige Minuten, bis ich den Trommler als nächtlichen Weckrufer während Ramazan einordnen konnte. Noch nie habe ich ihn so nahe gehört, noch nie ist er direkt in meiner Strasse entlang gelaufen. Ich liebe diesen Brauch. Zu Ramazan laufen nachts Trommler durch jede erdenklich Gasse, um die Menschen zu wecken. Dabei spielen sie eine Melodie, die mich immer ein bisschen sentimental macht. Als der Trommler von dannen gezogen war, schaute ich auf die Uhr. 02:30. Das Fenster für das Frühstück war geöffnet.

Ich viel wieder in einen tiefen Schlaf, der mich erneut auf mein Schlachtfeld brachte und welches diesmal entsetzlich endete: In unmittelbarer Nähe schlug eine riesige Bombe ein und detonierte. Als ich diesmal davon entsetzt erwachte, hörte ich gerade noch, wie die Kanone zur Beendigung der Frühstückszeit abgefeuert wurde. Ich verstand! Obwohl ich nicht fasten werde, bin auch ich im Fastenmonat Ramadan angekommen.

Auch wenn dieses Land eines der lautesten Länder ist, das ich kenne, kurz vor dem abendlichen Fastenbrechen, dem Iftar, legt sich eine erwartungsvolle Ruhe über die Stadt. Es ist still. Fast kein Auto fährt. Die Menschen warten. Nach einem ersten langen Tag, sind es jetzt nur noch wenige Minuten, bis sie wieder Essen und Trinken dürfen. Endlich wieder Wasser. Im Juli. Bei knapp 40 Grad. In diesen Minuten machen sich die Menschen in ihren Wohnungen fertig. Vielleicht kommen Freunde, vielleicht gehen sie zu Freunden, vielleicht bleiben sie unter sich, aber sie machen sie fertig für das ausgiebige Essen, für die Köstlichkeiten auf dem Tisch. Und vielleicht, und deswegen wohl auch diese beobachtbare Ruhe überall, kehren sie innerlich ein und führen einen Dialog, mit Allah. Und dieses Gespräch führt man bekanntlich in der Stille am Besten.

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Die Sache mit dem Bier

Ein Freund von mir hat heute mit einer neuen Arbeit angefangen und ich wollte mit ihm daraufhin anstoßen. Und was kühlt bei 35 Grad abends um 18 Uhr besser als ein schönes, frisches Efes Bier?

Wir verabredeten uns also vor einem gemütlichen kleinen Park, der im Sommer von mehreren Restaurants betrieben wird. Hier gibt es alles, Wasserpfeifen, Cola, Fanta, Limonade, Essen … nur kein Bier. Mein Freund hatte dazu den üblichen Frauenspruch parat „Ich hab’s dir doch gesagt“, was ich aber in meiner Gedankenwelt aber nur mit einem „ich kann’s nicht glauben“ quittieren konnte. Wo gibt’s denn so was? Ein lauschiger Park, Gartenrestaurant, Wasserpfeife und Tavla aber kein Bier?

Wir stiefelten weiter zu meinem Lieblingscafé, in dem ich besonders gerne sitze und eine Kleinigkeit esse. Ebenfalls mit Außenterrasse, schön ruhig, höfliches Personal. Da ich hungrig war, wollte ich außerdem zu dem Bier eine Grundlage schaffen.

Als wir am Café ankamen, versuchte mein Bekannter schon vorsichtig mir klar zu machen, dass er eigentlich nicht davon ausgeht, dass es nun gerade hier Bier geben würde. Ungläubig, wie man in Izmir nun mal ist, fragten wir nach und bekamen leider die entsprechende Antwort. Dabei lernte ich folgendes: Ein Café oder ein gängiges Restaurant mit Abendservice schenkt in der Regel keine alkoholischen Getränke aus. Kann es gar nicht, weil es unglaublich schwer zu sein scheint. die nötige Lizenz dafür zu bekommen. Deswegen ist man mit dem Lesen der Getränkekarte hier auch immer so schnell fertig.

Wenn man in der Türkei außerhalb der Tourismushochburgen ein Bier trinken möchte, muss man dazu in eine Bar gehen, die auch von außen mit den großen Bierwerbebannern deutlich als Bar zu erkennen ist. Zum normalen Kebap gibt’s keinen Zisch. Oder, man muss eben auf den Genuss einer gehobenen Küche verzichten. Hm … in meinem Universum eine sehr verwunderliche Angelegenheit. Zumal hinzu kommt, dass ich nicht gerne in eine Bar gehen möchte! Ich fühle mich als Frau da überhaupt nicht wohl und ich möchte mich damit auch gar nicht identifizieren.

Statt also gemütlich ein Bier zu trinken, fühlte ich mich stattdessen als Alkoholtrinkerin klassifiziert, der das auch nur in entsprechenden Einrichtungen erlaubt ist, oder daheim.

Wir verzichteten letztendlich auf das Bier und stießen mit Cola und Limonade an. Für die nächste Gelegenheit werde ich mir einfach einen Vorrat in den Kühlschrank stellen.

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Warum Türken nicht sparen.

Neulich las ich einen Artikel in der Hurriyet Daily News, warum Türken keine bemerkenswerten Sparanlagen bei Banken haben und wie das im Vergleich zu den Nordeuropaern aussieht. Nun, Türken glauben eher an Immobilien als Wertanlage und deswegen kaufen sie oder lassen bauen, wenn sie ihr überflüssiges Geld anlegen wollen.

Noch am gleichen Tag konnte ich mich davon überzeugen, als ich mit dem Überlandbus nach Cesme rausgefahren bin. Cesme ist für die Izmirer soviel wie der Schrebergarten eines Großstätters. Nur 40 Minuten vor der Haustür (40 Minuten Fahrt sind in einem Land wie der Türkei keine Distanz.), liegt eins der beliebtesten Baderesorts der Türkei. Über mehrere Buchten verteilt, reihen sich Hotels und vor allem Ferienhäuser (Yazlik) wie Perlen aneinander.  Und diese Ferienhäuser lassen einem vor Neid erblassen!

Ferienhäuser in der Türkei: Exklusiv und modern

Eigentlich geht es schon kurz hinter Izmir los. In Güzelbahce und Urla haben sich schon die mittelständigen und wohlhabenden Familien ihren ruhigen Vorgartentraum erfüllt, auch wenn sie dabei lange Pendelzeiten zur Arbeit in Kauf nehmen müssen. Die Ruhe und das stille Plätschern des Meeres am Abend und am Wochenende entschädigen für den Stress in der Woche.

Doch je näher man dem Zentrum von Cesme kommt, umso exklusiver werden die Ferienhäuser, umso moderner die Architektur, umso edler die verwendeten Materialien und umso dicker werden die Autos im Vorgarten. Ich gebe zu, ich war mehr als neidisch. Was diese Menschen wohl verdienen müssen?

Nun, ich habe mich mit dem Gedanken getröstet, dass ich ja auch schon mal in einem Yazlik einen Nachmittag verbracht habe. Das war allerdings auf dem Dorf hinter meinem Wohnort Buca, gehörte der Oma eines meiner Studenten und hatte nur kaltes, aber zumindest fließendes Wasser. Eine Heizung gab es nicht und in der Toilette musste man mit einem Wassereimer nachspülen. Aber, es war ein Sommerhaus, da es nur im Sommer benutzt wurde!

Die Sommerhäuser in Cesme sind übrigens als Ferienhäuser mietbar. Ab etwa 50 Euro aufwärts pro Tag. Dafür muss ich dann doch noch ein bisschen sparen und das mach ich dann wie ein typischer Nordeuropäer. Meine türkischen Lira liegen fest auf der Bank und bringen mir sage und schreibe 9% Zinsen (bei einer Anlage in Euro ca. 4,5%).

Im Hafen von Cesme.

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